Braunschweig. Das Geschehen um die angeblich von der CDU vorgeschlagene Bürgerbefragung zur vorgesehenen Stadtbahnverlängerung nach Volkmarode entwickelt sich zu einer kommunalpolitischen Eulenspiegelei. Mit großem Getöse und gar einer Pressekonferenz hatte die CDU-Ratsfraktion vor der Landtagswahl publikumswirksam einen Ratsantrag angekündigt und damit auch die erhoffte Öffentlichkeitswirkung erzielt. Dann dauerte es bis weit nach der Wahl, bis der Antrag endlich vorgelegt und eingebracht wurde. Doch endlich konnte die BZ veröffentlichen: „Stadtbahn-Streit – CDU schlägt Frage ans Volk vor.“ Die erste Beratung sollte am 30. Januar im Finanzausschuss erfolgen. Was der verantwortliche Redakteur nicht wissen konnte: Beim Erscheinen des Artikels hatte die CDU ihren Antrag zumindest für den öffentlich tagenden Finanzausschuss bereits zurückgezogen. Eine Begründung dafür war von der sonst so mitteilungsfreudigen Fraktion nicht zu erfahren.
Der Hintergrund für dieses Verhalten: Nach der städtischen „Satzung für Bürgerbefragungen“ ist der Antrag unzulässig. Dort heißt es: „Unzulässig ist eine Bürgerbefragung über … Angelegenheiten, die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens oder eines förmlichen Verwaltungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung … zu entscheiden sind…“
Pikant daran ist, dass diese Satzung auf Veranlassung von CDU und FDP mit deren damaliger Mehrheit im Jahre 2003 beschlossen wurde. Sie gilt nach wie vor, auch für eine mögliche Stadtbahnverlängerung nach Volkmarode. Warum die CDU trotz dieser eindeutigen Sach- und Rechtslage die Bürgerbefragung überhaupt ins Spiel gebracht hat, lässt sich nur spekulieren. Aber für diese Partei scheint in Wahlkampfzeiten wohl alles erlaubt zu sein.
Besonders fragwürdig ist die Haltung von Oberbürgermeister Dr. Gert Hoffmann in dieser Frage. Er selbst hatte die Satzung 2003 unter anderem folgendermaßen begründet: „Wenn eine vorausgegangene Ja/Nein-Entscheidung der Bürgerschaft den Rat bei allen Planverfahren so bindet, dass er sich, ohne konkret sich selbst in den Abwägungsprozess zu begeben, daran gebunden fühlt und dem Planvorschlag entweder zustimmt oder ihn ablehnt, begeht er einen schweren Abwägungsfehler und macht diese planerische Entscheidung rechtsunwirksam.“ Jetzt ist er auf einmal für eine Bürgerbefragung ausdrücklich vor der Einleitung eines Planverfahrens – nach seinen eigenen Ausführungen rechtswidrig.
SPD-Fraktionsvorsitzender Manfred Pesditschek: „Nach der geltenden Satzung bietet allein das Planfeststellungsverfahren die Möglichkeit, auch die Bürgerinnen und Bürger zu beteiligen. Die SPD-Fraktion fühlt sich in ihrer Haltung bestätigt, zügig dies Verfahren einzuleiten, und wird es in der Februar-Ratssitzung beantragen.“
26.01.2013, Frank Flake, Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Braunschweig